Bundesverfassungsgericht: Wiederverheiratung darf nicht zulasten der geschiedenen Exfrau gehen

Geschiedene unterhaltsberechtigte Ehegatten, deren Ex Partner wiederverheiratet sind, sollten dringend die ihrer laufenden Berechtigung zu Grunde liegende Unterhaltsregelung überprüfen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat am 10. Februar 2011 die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berechnung des Ehegattenunterhalts bei der Wiederverheirateten für verfassungswidrig erklärt. Infolgedessen können bestehende Unterhaltsvereinbarungen und Unterhaltsurteile unter Umständen angefochten oder sonst aufgehoben werden. Insbesondere das gerichtliche Abänderungsverfahren steht hierfür zur Verfügung.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Aktenzeichen BvR 918/10

Mit der Entscheidung vom 10. Februar 2011 hob das oberste deutsche Gericht ein Urteil zulasten einer geschiedenen Frau auf, die 24 Jahre lang verheiratet gewesen war. Die nacheheliche Unterhaltsvereinbarung sah einen Unterhalt in Höhe von 618 € im Monat vor. Nachdem ihr geschiedener Mann wieder geheiratet hatte, sollte sich Ihr Anspruch auf 488 € herabsetzen. Das Familiengericht berief sich dabei auf die so genannte Dreiteilungsmethode des Bundesgerichtshofs, wonach auch die Einkommensverhältnisse des neuen eben ihr Partners in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen sind. Bleiben diese deutlich hinter den Einkünften des Unterhaltspflichtigen wieder verheirateten Ehegatten zurück, kommt es im Zuge der Dreiteilung zu einer Verminderung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Mannes mit der Folge, dass dieser aufgrund der Wiederverheiratung plötzlich einen niedrigeren Unterhalt zahlen muss.

Abschied von der Drittelungsmethode bzw. Dreiteilungsmethode

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Methode für verfassungswidrig erklärt, weil diese keinen genügenden Anhalt im bürgerlichen Recht finde und auch durch gängige Auslegungsregeln nicht gedeckt sei. Maßgeblich nach dem Unterhaltsrecht des bürgerlichen Gesetzbuches ist nämlich der Anknüpfungspunkt der ehelichen Lebensverhältnisse. Die spätere Heirat des geschiedenen Ehegatten hat mit den ehelichen Lebensverhältnissen der ursprünglichen Ehe abr nichts zu tun. Eine derartige Verbindung wird aber bei Anwendung der Drittelungsmethode bzw. Dreiteilungsmethode hergestellt. Es geht aber nicht an, die unterhaltsberechtigte Exfrau wirtschaftlich mit den Folgen der zweiten Ehe zu belasten, obwohl diese in keiner Weise in irgendeinen Zusammenhang mit den ehelichen Lebensverhältnissen steht.

Andere nacheheliche Entwicklungen beim Unterhaltspflichtigen bleiben berücksichtigungsfähig

Das Bundesverfassungsgericht grenzt sich damit von anderen Tatbeständen ab, die im Einzelfall auch in der nachehelichen Zeit eine Abänderung der Unterhaltspflichtverpflichtung nach unten rechtfertigen können. Wird beispielsweise der Unterhaltspflichtige ehemalige Partner unverschuldet erwerbslos oder kommt es sonst zu Veränderungen bei den Einkünften, so stehen diese deshalb in Zusammenhang mit den ehelichen Lebensverhältnissen, weil die berufliche Entwicklung jedes Ehegatten grundsätzlich mit seiner Person verbunden ist und prägend auch für die Erst-Ehe war. Berufstypische Risiken, die sich erst in der nachehelichen Zeit, also nach der Scheidung, verwirklichen, haben deshalb einen nachvollziehbaren Rückbezug auf die ehelichen Lebensverhältnisse und können damit eine Abänderung nach unten rechtfertigen.
Eine Wiederverheiratung gehört aber nicht dazu. Das hat das Bundesverfassungsgericht nunmehr klargestellt und der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an der sich auch die erstinstanzlichen Familiengerichte und auch die Anwälte zu orientieren hatten, eine Absage erteilt.
Jede bestehende Unterhaltsverpflichtung für die nacheheliche Zeit sollte mit Blick darauf vorsorglich überprüft werden.

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