Die Mehrwertsteuer bei der Mängelgewährleistung des Bauhandwerkers

Beseitigt der Auftragnehmer Mängel innerhalb einer vom Auftraggeber gesetzten Frist nicht, kann der Auftraggeber grundsätzlich die Kosten der Mängelbeseitigung als Schadenersatz verlangen unabhängig davon, ob er die Mängel irgendwann tatsächlich beseitigen lässt oder nicht. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 22. Juli 2010 nunmehr entschieden, dass die in den Kostenvoranschlägen ausgewiesene Umsatzsteuer grundsätzlich in dieser Konstellation nicht mit zu erstatten ist. Dies gilt sowohl im BGB-Vertrag als auch bei Vereinbarung der VOB Teil B. Die Umsatzsteuer kann nur dann verlangt werden, wenn sie auf seiten des Auftragnehmers tatsächlich angefallen ist. Dies wiederum ist nur dann der Fall, wenn die Mängel umsatzsteuerpflichtig durch Dritte bereits beseitigt worden sind. Der Bundesgerichtshof verweist zur Begründung auf die bereits seit dem Jahre 2002 in das BGB eingefügte Vorschrift des § 249 Abs. 2 Satz zwei BGB. Zwar ist diese Vorschrift nicht direkt anwendbar, jedoch kommt in ihr ein allgemeiner Gedanke des Schadensrechts zum Ausdruck. In der Abwägung zwischen der Dispositionsfreiheit des Geschädigten darüber, wie er die beanspruchte Kompensation tatsächlich einsetzen will, und dem Bereicherungsverbot andererseits, wonach grundsätzlich nur Kompensation für den tatsächlich entstandenen Schaden verlangt werden kann, hat der Bundesgerichtshof dem letzteren Prinzip letztendlich den Vorrang gegeben. Außerdem stellt das Gericht darauf ab, dass die Dispositionsfreiheit grundsätzlich nicht verloren geht, wenn die Mängelbeseitigungskosten zunächst nur als Nettobetrag verlangt werden können.

Vorschussklage auf Bruttobetrag bleibt möglich

Der Auftragnehmer hat weiterhin die Möglichkeit, den Auftraggeber auf so genannten Vorschuss in Anspruch zu nehmen. Der Vorschuss ermittelt sich aufgrund eines Kostenvoranschlages, der die Umsatzsteuer ausweist. Die Vorschussklage unterscheidet sich von der reinen Schadensersatzklage dadurch, dass zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber ein Abrechnungsverhältnis entsteht. Der Vorschuss muss zur Mangelbeseitigung eingesetzt werden. Über die entstandenen Kosten ist eine Abrechnung zu erstellen. Ergibt sich ein Restguthaben, hat der Auftragnehmer dieses dem Auftraggeber zu erstatten.

Feststellungsklage

Kommt nach den konkreten Umständen die Vorschussklage nicht in Betracht, kann der Zahlungsanspruch auf Schadenersatz zunächst nur netto berechnet werden kombiniert mit dem Antrag an das Gericht, dass dieses feststellen möge, dass der Auftragnehmer zur Erstattung der Umsatzsteuer verpflichtet ist, wenn die Mängelbeseitigung vorgenommen wird (so genannter Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO).

Ausnahme Vorsteuerabzugsberechtigung

Eine Ausnahme gilt bei Vorsteuerabzugsberechtigung des Auftraggebers. Dann ist die Umsatzsteuer nur ein durchlaufender Posten, so dass auch bei Geltendmachung eines Kostenvorschusses nur der Nettobetrag verlangt werden kann.

Umsatzsteuer bei Minderung

noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob bei Wahl des Minderungsrechts jedenfalls Umsatzsteuer zu berücksichtigen ist oder nicht. Nach einem Urteil des Kammergerichts, NJW Rechtsprechungs Report 2010, Seite 65, soll die Umsatzsteuer mit anzusetzen sein. Allerdings ist dieses Urteil vor dem erwähnten Urteil des Bundesgerichtshofs ergangen.

Abrechnung nach vorzeitiger Kündigung des Werkvertrags

Bei vorzeitiger Kündigung gelten grundsätzlich keine Besonderheiten. Soweit Werklohn für die teilweise erbrachten Leistungen verlangt wird, fällt die Umsatzsteuer an, bei Werkleistungen an Bauwerken in der Regel beim Auftraggeber, ansonsten beim Auftragnehmer (§ 13 b I. Nr. 4 s. 1 UstG).
Kann aufgrund des konkreten Kündigungstatbestands darüber hinaus Vergütung verlangt werden, so ist diese dem Schadenersatz gleichzustellen, es liegt kein umsatzsteuerpflichtiges Austauschgeschäft für diesen Teilbetrag vor mit der Folge, dass Umsatzsteuer nicht anfällt und dementsprechend nicht verlangt werden kann.
Der Rechtsanwalt, welcher für seinen Mandanten Ansprüche wegen mangelhafter Ausführung des Auftrags geltend macht, muss die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und die Problematik der Umsatzsteuer genau kennen, um bei der Schadensberechnung keine Fehler zu machen.

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