Der Vorteil kostenlosen Wohnens in eigener oder fremder Wohnung im Unterhaltsrecht

Der wirtschaftliche Vorteil kostenlosen – d.h. mietzinsfreien – Wohnens in einer -Wohnung oder einem Haus wird unterhaltsrechtlich als Der Wohnvorteil bezeichnet. Er ist zu Gunsten des unterhaltsberechtigten Ehegatten, welcher in der in seinem Alleineigentum stehenden Immobilie nach der Trennung verblieben ist, nur bis zur Höhe einer angemessenen Ersatzwohnung anzusetzen, nach Stellung des Scheidungsantrages bzw. nach endgültiger Vermögensauseinandersetzung mit dem vollen Wohnwert (BGH FamRZ 2008, S. 963). Nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages ist stets zu prüfen, ob nicht bereits die nachehelichen Bewertungsgrundsätze für das mietfreie Wohnen im gemeinschaftlichen Haus anzulegen sind, insbesondere durch Ansatz des angemessenen Wohnwertes, Beschränkung der Berücksichtigung von Hauslasten maximal auf den Wohnwert und Einsetzen der Obliegenheit zur wirtschaftlich vernünftigen Verwertung des Hauses, BGH a.a.O.

Situation bei Miteigentum

Bei Miteigentum beider Ehegatten richtet sich die Berücksichtigung des Wohnvorteils nach § 1361b BGB. Hiernach gelten grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie oben dargestellt mit der Modifikation, dass der Wohnvorteil nur zur Hälfte angesetzt wird. Nach OLG Bremen OLGR 2005, s. 315 ist nicht mehr der auf eine Ersatzwohnung begrenzte Mietwert, sondern bereits der volle Mietwert (bzw., hiervon die Hälfte) bereits nach Ablauf des Trennungsjahres und nicht erst mit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages anzusetzen. Eine Billigkeitskorrektur kann bei einem Auseinanderfallen von (hohem) objektivem Mietwert und (eingeschränkten) regelmäßigen Einkünften der Ehegatten angezeigt sein, sog. „aufgedrängter Wohnwert“, BGH NJW 2000, S. 284.

Berücksichtigung von Kindern im Haushalt und beim Kindesunterhalt

Der Wohnvorteil ist nicht zu kürzen, nur weil auch die minderjährigen Kinder mit im Haushalt wohnen. Der Wohnvorteil der Kinder führt also nicht zu einer Anrechnung auf deren Barunterhaltsansprüche, sondern wird grundsätzlich dem Wohnvorteil des betreuenden Ehegatten zugerechnet (BGH FamRZ 1989, S. 1160, 1992, S. 423). Anderes kann aber gelten (dann ausnahmsweise Kürzung des Kindesunterhalts), wenn einvernehmlich der betreuende Elternteil kostenfrei mit den Kindern im Haus/Wohnung wohnt und der Unterhaltspflichtige sämtliche Hausschulden trägt (OLG Düsseldorf FamRZ 1994, S. 1049 (1053). Ähnliches kann bei allgemein wirtschaftlich beengten Verhältnissen (sog. Mangelfall) gelten. Der Wohnvorteil der Kinder schlägt sich dessen ungeachtet rechnerisch regelmäßig beim Ehegattenunterhalt derart nieder, dass bei der Bemessung des Wohnvorteils des Ehegatten die Begrenzung auf eine angemessene Ersatzwohnung unter Beachtung des zusätzlichen Wohnbedarfs der Kinder erfolgt. Eine angemessene Ersatzwohnung bei zwei zu betreuenden minderjährigen Kindern ist dann keine 2-Zimmer- sondern eine 4-Zimmer-Wohnung mit entsprechender höherer Miete. Die Rechtsprechung hält dies für angemessen, weil in dem Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle ein Wohnkostenanteil kalkulatorisch mit enthalten ist.
Ggf. ist der Wohnvorteil aus Billigkeitsgründen zu kürzen, etwa dann, wenn er sonst deutlich höher ausfiele als die realen Wohnkosten des unterhaltspflichtigen Ehegatten oder wenn ohne Kürzung sich ein Unterhaltsanspruch von unter 332,- € ergäbe, ohne dass für sonstigen Lebensunterhalt ergänzend durch eigene Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten gesorgt wäre (OLG Köln FamRZ 2001, S. 97).

Berücksichtigung der Nebenkosten

Zum Wohnvorteil gehören nicht die verbrauchsabhängigen Kosten, die unabhängig von der Grundlage des ständigen Aufenthalts in den Räumen (Eigentum, Miete, Wohnrecht o.ä.) stets vom Bewohner selbst getragen werden. Hierzu zählen v.a. Strom, Telefon und Heizung. Wohnwertmindernd hingegen sind nach neuer Rechtsprechung des BGH (NJW 2009, 2523 (2524) nur diejenigen Kosten, die der Bewohner tragen muss, obwohl sie nach mietrechtlichen Vorschriften (insbes. Betriebskostenverordnung) einem Mieter nicht auferlegt werden können. Grundsteuer und Gebäudeversicherung mindern daher den anrechenbaren Wohnvorteil anders als nach früherer jahrzehntelanger Rechtsprechung nicht mehr.

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