Voraussetzungen für Schadenersatz bei illegalen Praktiken der Baufirma im Bauträgermodell

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung BGH VII ZR 268/05 vom 22. März 2007 ein weiteres wichtiges Urteil zu den Voraussetzungen für Schadenersatzansprüche von geschädigten Erwerbern im Bauträgermodell gefällt. Die Entscheidung wird nachfolgend mit redaktionellen Hinweisen vorgestellt.

Der Fall

Der Erwerber (Kläger) begehrt die Rückzahlung erbrachter Zahlungen auf einen Grundstückskaufvertrag sowie einen Bauvertrag, Zug um Zug gegen Rückübertragung des Grundstücks, hilfsweise Rückzahlung geleisteter Abschlagszahlungen. Der Kläger und seine Ehefrau, die ihm ihre Ansprüche abgetreten hat (künftig: der Kläger), schlossen am 19. November 2002 mit dem Bauträger (Beklagten) einen notariell beurkundeten Vertrag über den Erwerb eines Grundstückes in B. zum Kaufpreis von 33.748 Euro. Bereits zuvor hatten die Parteien einen auf den 15. November 2002 datierten “Vertrag über Bauleistungen” abgeschlossen. Nach diesem Vertrag sollte die Beklagte als Hauptunternehmerin zu einem Pauschalpreis von 278.507 Euro. Gemäß Ziff. 3.1 des Bauvertrages sollte die Vergütung nach einem Zahlungsplan erfolgen, der die Zahlung des Pauschalbetrages in neun Teilbeträgen vorsah. Die Rechnungsstellung über die erste Rate erfolgte am 15. Mai 2003. Nach Zahlung des Kaufpreises für das Grundstück wurde der Kläger am 28. März 2003 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 2003. In der Folgezeit kam es im Zusammenhang mit der Errichtung der Bodenplatte zu Streitigkeiten zwischen den Parteien. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger außer dem Kaufpreis gemäß dem Zahlungsplan des Bauvertrages die ersten beiden Teilbeträge in Höhe von 48.061,44 Euro und 32.211,39 Euro gezahlt.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung der auf den Bau- sowie den Grundstückskaufvertrag geleisteten Beträge von 114.020 Euro Zug um Zug gegen Rückübertragung des Grundstückes.

Bereicherungsrecht

Dem Kläger steht kein Herausgabeanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB zu. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Zahlungen an die Beklagte nicht ohne rechtlichen Grund erfolgten, weil die zunächst gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 1, § 125 BGB formunwirksam geschlossenen Grundstückskauf- und Bauverträge gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB durch Auflassung und Eintragung des Klägers in das Grundbuch gültig geworden sind, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Der Bauvertrag zwischen den Parteien unterfällt der MaBV. Der vereinbarte Zahlungsplan ist gemäß § 3 Abs. 2, § 12 MaBV i. V. mit § 134 BGB als nichtig anzusehen (b). Die infolge der Nichtigkeit der Zahlungsvereinbarung entstandene Lücke kann nicht durch Rückgriff auf § 3 Abs. 2 MaBV oder § 632 a BGB geschlossen werden. An die Stelle der nichtigen Vereinbarung tritt vielmehr § 641 Abs. 1 BGB. Der Zahlungsanspruch der Beklagten war nach § 641 Abs. 1 BGB nicht fällig Dem über einen Betrag von
20.343,50 Euro hinausgehenden Herausgabeanspruch steht § 813 Abs. 2 BGB entgegen.

Bei unwirksamem Ratenzahlungsplan gilt allgemeines Werkvertragsrecht

Der Senat hat mit Urteil vom 22. Dezember 2000 (VII ZR 310/99, BGHZ 146, 250, 259 f.) entschieden, dass an die Stelle einer gemäß § 3 Abs. 2, § 12 MaBV i. V. mit § 134 BGB nichtigen Zahlungsregelung nicht § 3 Abs. 2 MaBV als zivilrechtliche Ersatzregelung tritt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass § 3 Abs. 2 MaBV keine Norm des Zivilrechts sei, die für den Bauträger und den Erwerber die Fälligkeitsvoraussetzungen für die Forderung des Bauträgers mit vorrangigem Geltungsanspruch vor dem Gesetzesrecht regele. Vielmehr regele § 3 Abs. 2 MaBV ausschließlich gewerberechtliche Verbote und Gebote, deren alleiniger Normadressat der Bauträger sei. Die sich hieraus ergebende Lücke im Vertrag werde durch § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB geschlossen.

Kein Recht auf Abschlagszahlungen

§ 632 a BGB findet auf Bauverträge, die dem Anwendungsbereich der MaBV unterliegen, keine Anwendung (vgl. OLG Celle, BauR 2004, 1007, 1009; Basty, Der Bauträgervertrag, 5. Aufl., Rdn. 69; Grziwotz/Bischoff, MaBV, 3. Aufl., § 3 Rdn. 209; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 632 a Rdn. 3; a. A.: Wagner, ZfIR 2001, 422; Karczewski/Vogel, BauR 2001, 859, 866; Blank, ZfIR 2001, 85, 90 f.). Der Gewerbetreibende darf, soweit er dem Anwendungsbereich der MaBV unterfällt, in Abweichung von den allgemeinen Fälligkeitsregelungen Zahlungen von dem Erwerber nur unter den Voraussetzungen der §§ 3, 7 MaBV entgegennehmen. Werden die Vorgaben der MaBV nicht eingehalten, ist es dem Gewerbetreibenden verboten, Zahlungen von dem Erwerber zu fordern. Dieses Verbot kann nicht dadurch umgangen werden, dass dem Gewerbetreibenden in diesem Fall gestattet wird, Zahlungen unter den Voraussetzungen des § 632 a BGB zu beanspruchen (vgl. OLG Celle aaO).

Keine Fälligkeit vor Abnahme, Vorleistungspflicht des Bauträgers

Der Vergütungsanspruch der Beklagten war noch nicht fällig, § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB, da der Kläger das Werk der Beklagten noch nicht abgenommen hatte.
Im Ergebnis als richtig erweist sich die Auffassung des Berufungsge-richts, dass der Kläger nur Zahlung von 20.343,50 Euro und nicht die Rückzahlung weiterer Zahlungen verlangen kann.
Der Kläger hat sämtliche Zahlungen auf eine Forderung geleistet, die mangels eines wirksam vereinbarten Zahlungsplans und vor Abnahme des geschuldeten Werks noch nicht fällig war. Ginge es in einem solchen Fall nur um eine vorzeitige Leistung auf eine betagte Forderung, so würde einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch grundsätzlich die gesetzliche Regelung in § 813 Abs. 2 BGB entgegenstehen. Bei den Zahlungen, die § 3 Abs. 1, 2 MaBV widersprechen, kommt jedoch hinzu, dass der Bauträger durch die Entgegennahme dieser Vermögenswerte gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB verstoßen hat und daher einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch aus § 817 Abs. 1 BGB ausgesetzt ist. Da das Verbotsgesetz gerade die Entgegennahme von Zahlungen auf eine betagte Forderung verbietet, solange die Fälligkeitsvoraussetzungen noch nicht vorliegen, kann die Regelung des § 813 Abs. 2 BGB keine Anwendung finden, soweit sie den vom Verbotsgesetz bezweckten Schutz des Erwerbers ausschalten würde (vgl. Kniffka, NZBau 2000, 552,553).

Mangelnde Fälligkeit genügt noch nicht für Rückzahlungsanspruch

Die Regelung in § 813 Abs. 2 BGB kann jedoch nur insoweit zurücktreten, als dies im Hinblick auf Sinn und Zweck des genannten Verbotsgesetzes gerechtfertigt ist. Soweit der vorrangige Schutz des Erwerbers die Rückzahlung der vor Fälligkeit geleisteten Zahlungen nicht gebietet, verbleibt es beim gesetzlichen Ausschluss des Kondiktionsanspruchs. Dies ist der Fall, wenn und soweit der Erwerber Zahlungen geleistet hat, die bei wirksamer Vereinbarung eines Zahlungsplans im Rahmen des § 3 Abs. 1, 2 MaBV nicht zu beanstanden wären. Denn es bedarf des Rückforderungsanspruchs nicht, soweit der von der MaBV bezweckte Schutz des Erwerbers bereits verwirklicht ist.

Maßgeblich: Schutz des Erwerbers ausreichend gewährleistet?

Legt man diese Überlegungen zugrunde, so kann der Kläger von den insgesamt geleisteten Zahlungen in Höhe von 114.020 Euro den vom Berufungsgericht zuerkannten Betrag von 20.343,50 Euro zurückfordern, während seinem Anspruch auf die weiteren 93.676,50 Euro § 813 Abs. 2 BGB entgegensteht. Das Berufungsgericht geht beanstandungsfrei davon aus, dass sich Zahlungen in der zuletzt genannten Höhe im Rahmen eines nach § 3 Abs. 2 MaBV zulässigen Zahlungsplans gehalten haben und dem Kläger das Eigentum am Grundstück übertragen wurde. Da nichts für das Fehlen weiterer Voraussetzungen im Sinne von § 3 Abs. 1 MaBV ersichtlich ist, steht sein Schutz, der durch die Regelungen der MaBV gewährleistet werden soll, dem in § 813 Abs. 2 BGB normierten Ausschluss der Rückforderung vor Fälligkeit geleisteter Zahlungen in diesem Umfang nicht entgegen.

Fazit: Im Ergebnis gilt Maßstab des § 3 MaBV durch die Hintertür

die Bäume wachsen nicht in den Himmel. Der Bundesgerichtshof stellt der Sache nach klar, dass der geschädigte Erwerber bei Geltendmachung seiner Ansprüche sich nicht allein auf formale Verstöße stützen kann. Tatsächlich wird dies in der Praxis oft übersehen. Es kommt darauf an, für den Einzelfall herauszuarbeiten, welche Nachteile dem Erwerber tatsächlich entstanden sind und wie er für den Fall der zu 100 % mit dem Gesetz in Einklang stehenden Abwicklung stehen würde. Ergeben sich hier Abweichungen zu Lasten des Erwerbers, spricht ihm die Makler-und Bauträgerverordnung Schadenersatz zu, sonst im Regelfall nicht. Allerdings ist gemäß § 18 Makler-und Bauträgerverordnung noch an eine Anzeige bei der Aufsichtsbehörde zu denken, die ein Bußgeld gegen den Bauträger verhängen kann.

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