Namensänderung nach dem Namensänderungsgesetz

Vielfach wenig bekannt ist das Namensänderungsgesetz von 1938. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieses Gesetz auch nach Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes vom 16. Dezember 1997 neben den geltenden Vorschriften im bürgerlichen Gesetzbuch über das Namensrecht nach wie vor anwendbar.

Die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts

Die Namensänderung im Rahmen des Namensänderungsgesetzes setzt gemäß § 3 Namensänderungsgesetz das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. Ist die Ehe der Eltern eines minderjährigen Kindes, das den Ehenamen der Eltern als Geburtsnamen erhalten hat, geschieden worden und hat der nicht erneut verheiratete allein sorgeberechtigte Elternteil wieder seinen Geburtsnamen angenommen, so kann ein wichtiger Grund für eine Namensänderung vorliegen. Infolgedessen erhält das Kind den gleichen Nachnamen wie der alleinsorgeberechtigte Elternteil.

Das Namensänderungsgesetz in der Systematik der Regelungen des bürgerlichen Gesetzbuches

Durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 sind mit Wirkung vom 1. Juli 1998 das elterliche Sorgerecht und das Kindesnamensrecht einer Neuordnung zugeführt worden. Dem Kindesnamensrecht liegt folgendes System zu Grunde: Gemäß § 1616 BGB erhält das Kind den Ehenamen seiner Eltern als Geburtsnamen. Dies setzt voraus, dass die Eltern im Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) führen. Für die Fälle, in denen die Eltern keinen Ehenamen führen, trifft § 1617 BGB die Regelung, dass sie bei gemeinsamer elterlicher Sorge durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den Geburtsnamen des Kindes bestimmen. Wenn die Eltern keinen Ehenamen führen und die elterliche Sorge nur einem Elternteil zusteht, erhält das Kind grundsätzlich den Namen, den dieser Elternteil im Zeitpunkt der Geburt des Kindes führt. Der sorgeberechtigte Elternteil hat in dieser Konstellation das Recht, dem Kind durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten mit Wirkung für die Zukunft den Namen des anderen Elternteils zu erteilen. Die Erteilung bedarf der Einwilligung des anderen Elternteils, ab Vollendung des fünften Lebensjahres auch der Einwilligung des anderen Elternteils.

Die Einbenennung von Stiefkindern

Steht einem Elternteil die elterliche Sorge zu, kann er gemeinsam mit seinem (neuen) Ehegatten, der nicht Elternteil des Kindes ist, dem Kind durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen Ehenamen erteilen. Führt das Kind bisher den Namen des anderen Elternteils, bedarf es dessen Einwilligung, die durch das Familiengericht ersetzt werden kann, wenn die Erteilung zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

Entsprechende Anwendung auf Scheidungshalbwaisen?

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Familienrecht Zeitung 2002, Seite 1104) kann § 1618 BGB nicht entsprechend auf Namensänderungen von so genannten Scheidungshalbwaisen angewandt werden. Scheidungshalbwaisen sind minderjährige Kinder aus geschiedener Ehe, die den Ehenamen der Eltern als Geburtsnamen erhalten haben und nunmehr bei einem Elternteil leben, der den Ehenamen abgelegt und seinen Geburtsnamen wieder angenommen hat. Es fehlt für die Zulässigkeit einer solchen Anwendung an einer Regelungslücke. Unter Rückgriff auf die Gesetzesmaterialien wird ausgeführt, dass § 1618 BGB allein den Zweck hat, die Rechtsstellung der Stiefeltern zu verbessern. Das Bundesverwaltungsgericht zieht hieraus die Konsequenz, dass damit für Scheidungshalbwaisen nach wie vor ein Anwendungsbereich für das Namensänderungsgesetz von 1938 verbleibt. Denn es ist kein sachlicher Grund dafür erkennbar, Kindern aus geschiedenen Ehen in dem Fall der Wiederannahme des Geburtsnamens des sorgeberechtigten Elternteils eine Änderung des Familiennamens völlig zu versagen, während sie in anderer – im bürgerlichen Gesetzbuch geregelter – Konstellation unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen darf. Ob der sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung seinen ursprünglichen Namen oder aber den des neuen Ehepartners angenommen hat, kann im Hinblick auf die prinzipielle Ermöglichung einer Namensänderung keinen Unterschied machen.

Die erforderliche Interessenabwägung

Ein die Namensänderung auch von Scheidungshalbwaisen rechtfertigender wichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 Namensänderungsgesetz ist dann gegeben, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt. Es genügt allerdings nicht, dass die Namensänderung dem Wohl des Kindes nur förderlich ist. Andere zu berücksichtigende Interessen dürfen keinesfalls überwiegen. Ein gegenläufiges Interesse liegt beispielsweise vor, wenn der nichtsorgeberechtigte Elternteil namensgebend für die Namensänderung sein soll, er aber der Namensänderung widerspricht. Insoweit wird hier die in § 1618 Satz 4 BGB zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers übernommen.

Die Namenskontinuität

Ein gegenläufiges Interesse ist außerdem die Namenskontinuität. In ihr wird ein wichtiger Kindesbelang gesehen, vergleiche Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. Oktober 2001 Aktenzeichen XII ZB 88/99 Familienrecht Zeitung 2002, Seite 94. Namenskontinuität kann dem Kind helfen, seine Identität zu finden, Individualität entwickeln und sein Verhältnis zu anderen zu begreifen und zu fördern. Eine Namensänderung kann in diesen Prozess eingreifen und darf deshalb nur aus wichtigem Grund erfolgen. Wenn das Kind ursprünglich den Namen des nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteils erhalten hat, kann mit Blick auf die oben wiedergegebene Zielsetzung des Gesetzgebers in Bezug auf den an die spätere Änderung dieses Namens anzulegenden Maßstab nicht danach differenziert werden, ob der sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung dem Kind seinen vor der Ehe geführten Namen oder seinen neuen Ehenamen erteilen will, der zudem mit dem vor der ersten Ehe geführten Namen identisch sein kann. Vielmehr ist die Intention des Gesetzgebers, das Namensband zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil nur unter erschwerten Voraussetzungen gegen dessen Willen zu durchtrennen, bei beiden Fallgruppen gleichermaßen zu berücksichtigen. Ein weiterer Belang ist das Kriterium, ob das Kind, um dessen Wohl es geht, im Zuge der Namensänderung einen für ihn zunächst fremden Namen erhält. Jedenfalls dann, wenn die Eltern seit Beginn der Ehe einen Ehenamen geführt haben, der nicht der frühere Familiennamen des sorgeberechtigten Elternteils war, ist der wieder angenommene Name des sorgeberechtigten Elternteils für das Kind ähnlich fremd wie ein dritter Name. Wenn der geschiedene Ehegatte der Namensänderung allerdings zustimmt, sollte die von ihm abgeleitete Namenskontinuität jedenfalls kein entscheidendes Gewicht haben, dass gegen die Namensänderung spricht.

Abwägungskriterien, insbesondere bei Namensänderung von Kindern

Eine Erforderlichkeit der Namensänderung liegt vor, wenn das Wohl des Kindes die Änderung des Familiennamens auch bei angemessener Berücksichtigung der für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Gründe gebietet. Welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, bestimmt sich auch nach dem Gewicht der jeweils im Einzelfall entgegenstehenden Belange. Eine Namensänderung ist nicht schon dann gerechtfertigt, wenn sie nur dazu dienen soll, den Kind mit der Verschiedenheit zum sorgeberechtigten Elternteil verbundene Unannehmlichkeiten zu ersparen, die ohnehin nur altersbedingt und damit vorübergehender Natur sind, die gedeihliche Entwicklung des Kindes aber nicht ernstlich beeinflussen. Kinder können nicht völlig konfliktfrei ins Leben treten; in gewissem Umfang müssen sie mit den mit einer Scheidung ihrer Eltern verbundenen Problemen, so auch mit einer etwaigen Namensverschiedenheit, zu leben lernen. Andererseits ist das Kriterium der Erforderlichkeit der Namensänderung im Hinblick auf das Kindeswohl nicht so zu verstehen, dass damit die Grenze markiert wird, jenseits derer das Wohl des Kindes ernsthaft und dauert gefährdet erscheint; die Erforderlichkeit ist nicht daran zu messen, ob die Grenze der Belastbarkeit des Kindes erreicht ist oder nicht. Immerhin müssen jedoch schwerwiegende Nachteile zu gewärtigen seien oder die Namensänderung für das Kind solche erheblichen Vorteile mit sich bringen, dass verständigerweise die Aufrechterhaltung des Namensbandes zu dem nicht sorgeberechtigten Elternteil nicht zumutbar erscheint, Bundesverwaltungsgericht Familienrecht Zeitung 2002, Seite 1104, hier zitiert aus Seite 1108. Die Namenverschiedenheit zwischen Eltern und Kindern oder zwischen zusammen aufwachsenden Kindern ist heutzutage nicht mehr ungewöhnlich. Sie kann in einer dem jeweiligen Alter des Kindes angemessenen Weise erklärt werden. Eine außergewöhnliche oder auch nur überdurchschnittliche Belastung des Kindes durch die Namenverschiedenheit ist allein hierdurch noch nicht dargetan. Nachfragen in der Schule oder beim Sport, wenn sie denn in einem Umfeld, in dem die Anrede mit dem Vornamen der Regelfall ist, überhaupt in nennenswerten Umfang vorkommen, lassen sich ohne weiteres mit der dem Kind ohnehin bekannten elterlichen Situation erklären, der nichts Ehrenrühriges anhaftet. Anders kann der Fall allerdings dann liegen, wenn zusätzliche Umstände ausreichend glaubhaft gemacht sind, die für das Kind darüber hinausgehende Belastungen aus der Namensgestaltung mit sich bringen.

Oder nur Namensangleichung?

Neben der echten Namensänderung sehen das Bundesvertriebenengesetz und Art. 47 EGBGB Möglichkeiten der so genannten Namensangleichung vor.  Voraussetzung ist ein Auslandsbezug im Zusammenhang mit dem Erwerb des zu ändernden  Vornamens oder Nachnamens. Wenn Sie Interesse an Einzelheiten zum Verfahren der Namensangleichung haben, empfehle ich Ihnen den Artikel Namensänderung durch Namensangleichung.

Geringere Anforderungen bei Änderung des Vornamens

Die Änderung eines Vornamens ist regelmäßig mit geringeren Anforderungen verbunden. Das öffentliche Interesse an der Namenskontinuität wiegt regelmäßig beim Vornamen nicht so schwer wie bei dem Nachnamen bzw. Familiennamen. Dies leuchtet ein, weil im Rechtsverkehr maßgeblich für die Identität einer Person regelmäßig der Familienname, nicht aber der Vorname ist. Mit den Worten des Bundesverwaltungsgerichts: Die Änderung des Vornamens unterscheidet sich von der Änderung eines Familiennamens dadurch, dass den öffentlichen Interessen, auf die bei der Änderung eines Vornamens Bedacht zu nehmen ist, ein geringeres Gewicht zukommt als dem öffentlichen Interesse am unveränderten Fortbestand eines Familiennamens, der in weitergehenden Umfang als Unterscheidungsmerkmal und Zuordnungsmerkmal dient. Das folgt daraus, dass die soziale Ordnungsfunktion des Nachnamens stärker hervortritt als diejenige des Vornamens. Letzterer dient der Unterscheidung mehrerer Träger desselben Nachnamens insbesondere in der Familie und hat eine stärker auf die Individualität der Person bezogene Bedeutung, Bundesverwaltungsgericht NJW 2017, Seite 101(102).

Dennoch gelten die Grundsätze der Ordnungsfunktion des Namens auch für den Vornamen. So ist ein öffentliches Interesse an der Namenskontinuität personenstandsrechtlich auch in Bezug auf den Vornamen zu entnehmen. Nach § 21 Abs. 1 Nummer 1 und 4 Personenstandsgesetz sind die Vornamen in das Geburtenregister einzutragen. Mit der Eintragung ist der Vorname grundsätzlich unabänderlich geworden. Insbesondere umfasst die Ordnungsfunktion des Namens den Grundsatz, dass der Vorname auch das Geschlecht des Namensträgers kenntlich machen soll, Bundesverwaltungsgericht a.a.O.

Demgegenüber muss der erfolgreiche Antragsteller im Namensänderungsverfahren schutzwürdige eigene Interessen an einer Namensänderung geltend machen können. So genannte Unzuträglichkeiten in der Namensführung können bereits einen wichtigen Grund für eine Namensänderung darstellen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung, Beschluss vom 13. September 2016 Aktenzeichen 6 B 12/16 hierzu für einen Einzelfall entschieden, dass eine die Namensänderung hinsichtlich des Vornamens rechtfertigende Unzuträglichkeit bereits dann vorliegt, wenn der bisherige Vorname bei häufigen Auslandsaufenthalten des Antragstellers ständig falsch geschrieben wird. Im vorliegenden Fall ging es allerdings dem oft in die USA reisenden Antragsteller nur darum, dass sein Vorname Josef in Joseph geändert wird. Auch wenn es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, lässt sich aus dem Urteil schlussfolgern, dass die Anforderungen an den wichtigen Grund bei begehrter Änderung des Vornamens nicht zu hoch geschraubt werden dürfen. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass der Antragsteller eine echte Belastungssituation, etwa noch gestützt durch ein psychologisches Gutachten, geltend machen muss, sondern es genügen bereits nicht ganz unerhebliche Hindernisse bei der Namensführung im Alltag.

Fazit

Das Namensänderungsrecht ist kompliziert. Bevor auf den allgemeinen Tatbestand des § 3 Namensänderungsgesetz zurückgegriffen werden kann, muss geklärt werden, ob nicht das Bürgerliche Gesetzbuch bereits vorrangige Spezialregelungen enthält. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass das Namensänderungsgesetz in den verbleibenden Regelungslücken grundsätzlich anwendbar bleibt.

Es müssen in jedem Fall Umstände beim Antragsteller herausgearbeitet werden, die über eine Unlust am eigenen Namen hinausgehen. Überzogen sind jedoch Maßstäbe, die für einen wichtigen Grund verlangen, dass der Antragsteller unter der Namensführung unerträglich leidet. Zwischen diesen Extremen gibt es zahlreiche Konstellationen, in denen eine Namensänderung möglich und notfalls auch gerichtlich durchsetzbar ist.

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